Mitarbeiterbindung und Menschenentwicklung in Unternehmen

Interview mit Thoralf Rapsch, Impuls-Speaker im Speakers Corner bei SINN|MACHT|GEWINN 2020: „Nachhaltig Führen und Mitarbeiter als Menschen entwickeln“

Mitarbeiterbindung und Menschenentwicklung in Unternehmen

Als Unternehmer sein Menschenbild überprüfen und die kleinen Dinge nicht vernachlässigen

Thoralf, Du sprichst bewusst nicht von Personalentwicklung, sondern von Menschentwicklung in Unternehmen. Was ist der Gedanke dahinter?

Thoralf Rapsch: Ich habe vielfach beobachtet, dass wir Personal immer noch sehr maschinistisch oder mechanisch betrachten. Wir haben einen Rahmen in einem Unternehmen, in dem gearbeitet wird. Und für den suchen wir passende Menschen. Wenn dieser Rahmen sich ändert, weil die Welt sich ja schnell weiterdreht, ist ein erster Reflex in Unternehmen: Das Personal, das ich mir hier reingeholt habe, passt nicht mehr so richtig zur Veränderung. Wir müssen es entwickeln.

Wenn wir bei dieser hohen Beweglichkeit mehr auf den Menschen fokussieren und fragen: Was kann er eigentlich, was bringt er mit, was wir gar nicht verlangen? Was tut er in seiner Freizeit, was hat er noch an Potenzialen? Dann können diese Menschen in die Arbeitswelt viel mehr einbringen und müssen in ihrer Freizeit auch nicht ihre Unzufriedenheit kompensieren. Unternehmen haben da ein unglaubliches Potenzial, das sie gar nicht ausschöpfen.

Was müsste ein Unternehmer machen, um sich auch weiter in dieses Mindset hinein zu entwickeln?

Rapsch: Man sollte als Unternehmer mal ganz stark sein Menschenbild überprüfen.
Es gibt ja in der Arbeitswelt zwei psychologisch geprägte Bilder.
Erstens: Ich muss die Menschen zur Arbeit schieben, die kommen nicht freiwillig. Ich muss ihnen sagen, was sie tun sollen, sonst sind sie nicht ausreichend motiviert.
Und das zweite: Eigentlich bringen Menschen alles freiwillig ein. Ohne dass man sie treten muss. Wenn ich das zweite Menschenbild habe, dann kann ich auch Raum schaffen und gucke mal, was passiert. Was bringen die Mitarbeiter denn freiwillig rein? Wenn ich ersteres Verständnis habe, muss ich das überprüfen und als erstes über den Haufen schmeißen. Sonst wird jede Umstrukturierung, die ich plane, Makulatur.

Warum ist es für den Unternehmer keine persönliche Niederlage, wenn er den Mitarbeiter nicht über dessen gesamtes Arbeitsleben bei sich im Betrieb hält? Also die Mitarbeiterbindung nicht schafft.

Rapsch: Das ist eine Frage der Einstellung. Will ich jemand reinholen, den ich 20 Jahre behalte? Der sich aber nur so entwickelt, wie ich das im Rahmen vorgebe?
Wenn ich einen jungen Studienabsolventen von 25 Jahren reinhole, dann muss mir doch klar sein, dass es für den absolut sinnvoll ist, in den kommenden Jahren möglichst viele Stationen zu durchlaufen. Damit er sich zu einer tollen Fachkraft und Persönlichkeit entwickelt. Den kann ich doch alleine gar nicht entwickeln.

Und warum sollte ein Unternehmer trotzdem in diesen Mitarbeiter investieren?

Rapsch: Die Frage ist ja: Wie geht der weg?
Wenn ich versuche, jemand zu binden – schon ein schräges Wort, klingt nach festbinden –, werde ich dennoch nicht jeden seiner Wünsche erfüllen können. Also wird er woanders nach der Erfüllung dieser Wünsche suchen. Das ist ganz normal. Und vermutlich wird er nicht auf die Idee kommen zurückzukommen.
Wenn ich an ein Unternehmen denke, das mich in meiner Entwicklung gefördert hat, werde ich darüber anders denken und berichten.

Und wenn wir in unserer Gesellschaft alle davon reden, dass wir Fachkräftemangel haben, fängt es für mich genau damit an: Ich darf als Unternehmer diese unterschwellige Werbung für mich nicht unterlassen. Da werden Millionen in großen Programmen verpulvert. Aber diese kleinen Dinge werden nicht genutzt.

Thoralf Rapsch, vielen Dank!

Das Interview führte Ronald Battistini.

Über Thoralf Rapsch

Thoralf Rapsch ist Techniker, Psychotherapeut (HPG) und Heilpraktiker. Seit 1996 ist er als Trainer und Berater für Beziehungsmanagement, Persönlichkeitsentwicklung und Kommunikation tätig. Aus- und Fortbildungen als NLP-Master-Practitioner, lizenzierter Trainer für erlebnisorientiertes High Ropes Training, zertifizierter Sportmentaltrainer (HAG), wingwave®-Coach, lizenzierter H.D.I.-Trainer.

Sein Hauptthema ist die zukunftsweisende Entwicklung von Organisationen und Menschen.
Er sagt: „Agilität und die damit einhergehende Selbstorganisation von Menschen in Unternehmen kann man im Grunde nicht installieren oder erzeugen – man kann sie nur verhindern.“

Bei SINN|MACHT|GEWINN 2020 leitete Thoralf den Impuls-Workshop im Speakers Corner „Nachhaltig Führen und Mitarbeiter als Menschen entwickeln“
Sein Selbstverständnis: “Wenn ich nicht an das glaube, was ich tue, boykottiere ich positive Ergebnisse."
Website: https://www.thoralfrapsch.de/

Kontakt

Thoralf Rapsch
trainknowledgy GmbH
Am Berge 35
21629 Elstorf-Bachheide
Telefon: 0 41 68 / 91 19 91
E-Mail: info@trainknowledgy.com
E-Mail 2: info@seidochmalagil.de

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Veröffentlicht am 20. November 2020

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